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Alles klimaneutral, oder was? Über CO2-Kompensation und die Grenzen zum Greenwashing

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[caption id="attachment_19234" align="alignright" width="300"] UnternehmensGrün-Vorständin Dr. Odette Deuber[/caption]
Immer mehr Unternehmen erfassen ihren CO2-Fußabdruck, wirtschaften bereits klimaneutral oder streben Klimaneutralität bis 2025, 2030 oder 2050 an. Doch was heißt eigentlich „klimaneutral“ bei einem Unternehmen? Welche Methoden gibt es und wann müssen wir von Greenwashing ausgehen? Darüber sprechen wir mit Dr. Odette Deuber, Gründerin der DO Climate GmbH und Vorständin von UnternehmensGrün:
UnternehmensGrün: In der Presse lesen wir beispielsweise „Bosch wird 2020 klimaneutral“. Das klingt erstmal super. Aber: Was heißt das eigentlich, klimaneutrales Unternehmen?
Dr. Odette Deuber: Jedes Unternehmen verursacht Treibhausgas (THG)-Emissionen, ganz gleich, wie nachhaltig und sparsam es wirtschaftet. Bei den Emissionen unterscheidet man zwischen Scope 1 – 3, also den direkten Emissionen des Unternehmens, den indirekten Emissionen aus bezogener Energie sowie den anderen indirekten Emissionen. Zur Klimaneutralstellung sind folgende Schritte notwendig:
- Bilanzieren: Alle relevanten Emissionen werden in einer Bilanz erfasst.
- Reduzieren: Alle vermeidbaren Emissionen werden konsequent reduziert.
- Kompensieren: Ausgleichen der nicht-vermeidbaren Emissionen durch den Zukauf von Gutschriften (Zertifikate), die nachweislich zusätzliche THG-Emissionsminderungen in einem Klimaschutzprojekt sicherstellen.
- Treibhausgas-Bilanz des Unternehmens ist konform mit dem internationalen Standard Greenhouse Gas Protocol und/oder der ISO Norm 14064-1
- Klimaschutzprojekte mit einem hochwertigen Standard; Label von glaubwürdigen Kompensationsdienstleistern (siehe Tabelle) bzw. Zertifzierungsunternehmen
- Einbeziehung von Scope 3 Emissionen
- Science Based Targets Initiative
- Konsistente Unternehmenspolitik: Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Bewusstseinsbildung, klimafreundliche Mobilität und politisches Einfordern von nachhaltigen Rahmenbedingungen
- Ökonomische Effizienz: Wie viel CO2-Reduktion und Mehrwert für die Nachhaltigkeit erhalte ich pro investierte Euros?
- Transparenz & Verteilungsgerechtigkeit: welcher Anteil fließt ins Projekt, in die Zertifizierung, in den Vertrieb? Wie groß ist die Wertschöpfung vor Ort in Entwicklungs- und Schwellenländern?
- Gesellschaftlicher Mehrwert: welchen Mehrwert für die nachhaltige Entwicklung vor Ort bietet das Projekt? Aufforstungsprojekte und Kochofenprojekte in ländlichen Regionen haben oftmals einen höheren Mehrwert für die nachhaltige Entwicklung als Projekte für erneuerbare Energien in Schwellenländern, dafür sind letztere pro eingespartem CO2 kostengünstiger.
- Die Treibhausgas-Bilanz des Unternehmens sollte konform mit dem internationalen Standard Greenhouse Gas Protocol (https://ghgprotocol.org/corporate-standard )und/oder der ISO Norm 14064-1 erstellt sein. Hier bitte bei den Anbietern der Bilanzierungstool nachfragen.
- Es muss klar definiert sein, welche organisatorischen und operationellen Systemgrenzen bei der Klimaneutralstellung Anwendung finden. Handelt es sich um den Standort, die Verwaltung oder das gesamte Unternehmen mit gegebenenfalls noch allen Tochterunternehmen und Auslandsstandorten.
- Grundsätzlich gilt, dass alle relevanten Emissionen in der Bilanz einbezogen werden sollten. Während dies bei kleineren Verwaltungs- und Dienstleistungsunternehmen i.d.R. gleich im ersten Jahr erfolgt, ist bei produzierenden Unternehmen ein schrittweises Verfahren in der Praxis gängig: zunächst Verwaltung, anschließend Wertschöpfungskette (v.a. eingekaufte Waren & Dienstleistungen, Logistik, Nutzung der Produkte, etc).
- Bei der Klimaneutralstellung müssen nach der ISO 14064-1 mindestens die Scope 1 und 2 Emissionen einbezogen sein. Es ist jedoch geboten alle verwaltungsbedingten Emissionen, wie z.B. die brennstoffbedingte Vorkette, die Anfahrt der Mitarbeitenden, die Geschäftsreisen, etc. in der Bemessungsgrundlage der Kompensation zu berücksichtigen (klimaneutrale Verwaltung), bzw. alle relevanten Emissionen der Wertschöpfungskette (klimaneutrales Unternehmen). An der gewählten Bemessungsgrundlage erkennt man, wie weitgehend die Klimaneutralität im Unternehmen verankert ist.
- www.unternehmensgruen.org/blog/2020/05/14/pressemitteilung-leitfaden-firmenenergie-veroeffentlicht
- www.klimaschutz-unternehmen.de/erfolgsgeschichten
- Broschüre WERTschaften: www.unternehmensgruen.org/wp-content/uploads/2019/11/Green-Ideas_ENDVERSION.pdf