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True Cost Accounting und Wahre Preise: „Eurozeichen öffnen Türen und beschleunigen die Transformation“

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Am 25. März 2021 fand das Mitglieder-Meetup „Wahre Preise und True Cost Accounting“ statt. Dabei wurde die aktuelle Debatte um True Costs und Wahre Preise aufgegriffen und die unternehmerische und gesellschaftliche Relevanz von True Cost Accounting beleuchtet.

Nach den einleitenden Worten von BNW-Geschäftsführerin Dr. Katharina Reuter zeigte Tobias Bandel, Soil & More Impacts GmbH, dass das Thema seit Jahrzehnten existent sei, aber gerade in den letzten Jahren vor allem im Finanzsektor und auch in Teilen der Privatwirtschaft an Fahrt gewinne. Er betonte, dass True Cost Accounting in allen Sektoren anwendbar sei. Dabei gehe es vor allem um die Transformation der Wirtschaft im Sinne der Umwelt: „Man muss True Cost Account als Werkzeug sehen. Wir sind der festen Überzeugung, dass man nicht alles mit einem Preisschild versehen sollte, kann und darf […], aber Eurozeichen öffnen Türen und beschleunigen Transformation.“

Im Anschluss referierte Christian Hiß, Regionalwert AG Freiburg, zum Thema „Richtig rechnen“. Er verfolgt den Ansatz, dass Wahre Preise und True Costs in der Betriebswirtschaft richtig abgebildet werden müssen. „Ich habe mich schon vor 20 Jahren geärgert, dass wesentliche Leistungen in der Buchhaltung und im Jahresabschluss immer nur auf der Aufwandseite standen und nie auf der Ertragsseite.“ Mit seiner Methode werden nun sozial-ökologische Vermögenskonten in den Bilanzen abbildet. So würden Leistungen oder Risiken präzise dargestellt.

Dr. Johannes Knubben von HiPP berichtete zu „True Cost Accounting in der strategischen Rohstoffsicherung“. Er betonte, dass für HiPP insbesondere die True Costs und nicht die Wahren Preise entscheidend seien. Bis heute werde gedacht, dass die Gesellschaft die True Costs im Rahmen ihrer Kompensationsmöglichkeiten übernehme. Diese seien aber mittlerweile erschöpft. “Wir sind an einem Punkt, an dem wir es uns gar nicht leisten können, diese Kosten nicht zu betrachten”. Die Unternehmen müssten sich die Frage stellen, wie die Kosten reduziert werden könnten.

Laura Mervelskemper und Jan Koepper von der GLS Bank beschrieben, wie sich True Cost Accounting aus der Perspektive von Banken anwenden lässt. Laura Mervelskemper berichtete, dass Banken Geld auf Basis der Kreditwürdigkeit verleihen. Es gäbe aber viele Aspekte, die die langfristige Zahlungsfähigkeit und damit die Kreditwürdigkeit beeinflussen und nicht in den Bilanzen auftauchen. „Das ist genau der Grund, weshalb das Thema Nachhaltigkeitsrisiken so viel Aufmerksamkeit in der Finanzbranche findet“, betont sie. „Das Ganze steht und fällt mit Daten“, macht Jan Koepper deutlich. Zentral sei es, die Datenübergabe zu incentivieren, etwa durch Begleitangebote bei der sozial-ökologischen Transformation für Kund:innen.

Steuerberaterin Dr. Janine von Wolfersdorff betonte, dass Bilanzen heute nicht die Wahrheit über wirtschaftliche Performance erzählen. Dabei seien vor allem drei Punkte entscheidend. Es würden weder negative noch positive Externalitäten Rechnungslegung abgebildet. Kurz-, mittel- und langfristige Risiken würden fehlen. Und man sehe auch kein Vermögen, etwa den Bodenaufbau in der Landwirtschaft: „Das sind die Punkte, die wir mit True Cost Accounting angehen wollen und können.“

Truesday-Gründer Henning Reiche zeigte, wie er mit seinem Unternehmen versucht, beim Verkauf von Kaffee die True Costs im Preis abzubilden. Die zentrale Frage sei, „ob die Gesellschaft bereit ist, für ein Produkt Geld auszugeben, bei dem es keine versteckten Kosten mehr gibt“.

Abschließend diskutierten die Teilnehmenden, wie sich Wahre Preise und True Cost Accounting in allen Sektoren und der gesamten Wirtschaft etablieren lässt. Dabei wurde betont, dass alle Akteure der nachhaltigen Wirtschaft an einem Strang ziehen müssten, denn die Zeit dränge. BNW-Geschäftsführerin Dr. Katharina Reuter appellierte in ihrem Fazit: „Tragt das Thema auch in eure Netzwerke“ und kündigte zugleich an „ihr werdet auch von uns dazu noch hören“.